44. Extreme Mundartschreibweise von Lokalnamen

 44.1 Überblick

Definition "Extreme Mundartschreibweise" Mit "extremer Mundartschreibweise" wird in diesem Kapitel eine Schreibweise bezeichnet, welche der Weisung 1948 grundsätzlich widerspricht. Nicht als grundsätzlicher Widerspruch gelten kleinere Abweichungen, wie zum Beispiel die Schreibweise des "stummen -n".
Grundsatz In der vorliegenden Webseite wird der Grundsatz vertreten: "Die heutige Schreibweise soll unverändert bleiben." Begründung im Kapitel 1. Zusammenfassung.
Gesetzliche Vorschrift in der Verordnung GeoNV 2008 Seit dem 1. Juli 2008 ist die eidg. Verordnung über die geografischen Namen (GeoNV)  rechtskräftig. Die wichtigsten Bestimmungen stehen im Artikel 4 und lauten:
1. Geografische Namen sind einfach schreib- und lesbar und werden allgemein akzeptiert.
2. Sie werden, soweit möglich und sinnvoll, in Anlehnung an die Standardsprache (Schriftsprache) der Sprachregion formuliert.
3. Geografische Namen und ihre Schreibweise dürfen nur aus öffentlichem Interesse geändert werden.
Wie soll diese gesetzliche Vorschrift umgesetzt werden? Voraussichtlich werden jene extremmundartliche Schreibweisen rückgängig gemacht, welche von einer breiten Öffentlichkeit nicht akzeptiert worden sind. Dies Korrekturen sollten nach Meinung der Redaktion dieser Webseite möglichst bald erfolgen.
Zwei Beispiele:
Landeskarte
Roopel dürfte von der Bevölkerung kaum akzeptiert werden. Diese Schreibweise verstösst gegen die Weisung 1948 und gegen die Verordnung 2008

Grossformat
Bevor Ortstafeln und Wegweiser geändert worden sind, sollte auf den Karten wieder die frühere Schreibweise Rotbühl eingeführt werden.
Quelle und weitere  Beispiele: Blogs über geografische Namen

Grossformat
Ärdhuuse dürfte von der Bevölkerung kaum akzeptiert werden. Diese Schreibweise verstösst gegen die Weisung 1948 und gegen die Verordnung GeoNV 2008
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Bevor Ortstafeln und Wegweiser geändert worden sind, sollte auf den Karten wieder die frühere Schreibweise Erdhausen eingeführt werden. Viel Ärger, Umtriebe und Kosten würden sonst während der Übergangszeit entstehen: Adressänderunen der Einwohner und Firmen in Erdhausen, Sucht man in Akten und in der Literatur unter Erdhausen oder Ärdhuuse? Zwei Beispiele für solche Unsicherheiten: Schweizerisches Inventar der Kulturgüteroder Regierungsrat des Kantons Thurgau.
Quelle und weitere  Beispiele: Blogs über geografische Namen

Zitate zu den Anforderungen an die Schreibweise von Lokalnamen auf Karten Im Kapitel 44.3 stehen auszugsweise Zitate zu diesem Thema.

Hilfe für die Planung zukünftiger Korrekturen

Die Webseite www.lokalnamen.ch wurde in chronologischer Reihenfolge geschrieben. Im vorliegenden Kapitel wird nun zusammenfassend geschildert, wie es dazu kommen konnte, dass viele Lokalnamen in extremer Mundartscheibweise geschrieben sind. Dies betrifft vor allem die Kantone Thurgau und Schaffhausen. Eine solche Zusammenfassung dient dem Verständnis der bisherigen Entwicklung und hilft bei der Planung zukünftiger Korrekturen.

 
Berücksichtigung der Weisungen 1948 in den Kantonen. Analyse einzelner Merkmale.

Grossformat
Graben, Bäretswil, ZH.
Quelle: Webseite swisstopo, Geodaten, Stand 08. 09. 2009.

Grossformat
Grabe, Leimiswil, BE.
Quelle: Webseite swisstopo, Geodaten, Stand 08. 09. 2009.

A. Stummes -n in Lokalnamen
Gemäss Weisungen 1948 (Kapitel Schreibregeln, II. Die unbetonten Silben) soll das "stumme n" geschrieben werden. Beachte auch die Bestimmung "Begründete Abweichungen von dieser Ordnung regeln die Kantone."
Über die Praxis in den einzelnen Kantonen (PDF 260 KB), orientiert die Webseite "Schweizerisches Forum zu Geoinformationen", Stand 08. 09. 2009.

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 44.2 Bund

Zusammenfassung Das Bundesamt für Landestopografie (swisstopo) ist verantwortlich für die Schreibweise der Lokalnamen auf den Landeskarten. Die Eidgenössische Vermessungsdirektion war früher eine eigene Abteilung des Justiz- und Polizeidepartementes; heute ist sie eine Abteilung des Bundesamtes für Landestopografie. Die Eidg. Vermessungsdirektion hat die Oberaufsicht über die Amtliche Vermessung. Dazu gehören auch Übersichtsplan und Grundbuchplan und damit auch die Schreibweise der Lokalnamen auf diesen Kartenwerken.

Leider haben diese beiden Instanzen seit Jahren die Weisungen 1948 missachtet und das Bundesamt für Landestopografie hat eine extreme Mundartschreibweise sogar noch gefördert. Heute besteht ein Wirrwarr von Schreibweisen, besonders ausgeprägt in den Kantonen Thurgau und Schaffhausen.

Im Vollzug des Geoinformationsgesetzes (GeoIG) wurde die Verordnung GeoNV 2008 erlassen. Diese soll verhindern, dass das Durcheinander in den Schreibweisen weiter zunimmt. Bestehende extreme Mundartschreibweisen können vermutlich nur teilweise rückgängig gemacht werden.

1832-1919

Siehe Kapitel 3
1919-1948 Siehe Kapitel 4
27. Oktober 1948 Am 27. Oktober 1948 wurden von Bundesrat Ed. v. Steiger, Vorsteher des Eidg. Justiz- und Polizeidepartementes, die " Weisungen für die Erhebung und die Schreibweise der Lokalnamen bei Grundbuchvermessungen in der deutschsprachigen Schweiz" erlassen. Diese Weisungen sind ein sorgfältig ausgearbeiteter Kompromiss zwischen phonetischer und schriftsprachlicher Schreibweise, wobei auch die speziellen Formen in den verschiedenen Gegenden gewürdigt werden.
     Die Weisung 1948, ein oft ungeliebtes und fälschlicherweise sogar totgesagtes Kind des Bundesamtes für Landestopografie und der Eidg. Vermessungsdirektion! Näheres darüber in einer Chronologie auf dieser Webseite.
1993 Das Projekt AV93 des Bundes definiert eine moderne, computergeführte Vermessung. Gelegentlich wird behauptet, dieses Projekt verlange neue Schreibweisen der Lokalnamen. Diese Behauptung ist falsch. Auf der Webseite Geoinfo Vermessung stehen weiter Informationen.
10. Juni 1994 Erlass der Technische Verordnung des VBS vom 10. Juni 1994 über die amtliche Vermessung (TVAV). Gelegentlich wird behauptet, diese Verordnung verlange neue Schreibweisen der Lokalnamen. Diese Behauptung ist falsch. Sie kann keineswegs aus den Artikeln 37 und 41 hergeleitet werden.
     Würde ein Kanton die TVAV als Grundlage für eine grundsätzliche Überprüfung der Schreibweisen von Lokalnamen beiziehen, müsste er gemäss den Artikeln 1 und 2 im kantonalen Umsetzungsplan Auskunft geben über Art, Umfang, Termine und Kosten.
Mai 2005 Swisstopo erlässt Toponymische Richtlinien für die Schweiz, Entwurf Mai 2005. Andere Bezeichnungen: Projekt 2005 für eine neue Schreibweise der Lokalnamen (Flurnamen) oder TR05. Siehe Kapitel 9. Beispiele gemäss Projekt 2005 stehen im Kapitel 10. Mängel werden ferner aufgezählt in den Kapiteln 11, 12, 13 und 14.
     Die Toponymischen Richtlinien werden in eine Vernehmlassung gegeben.
12. September 2005 Toponymische Richtlinien 2005. Ablehnende Vernehmlassung des Redaktors dieser Webseite.
Ende September 2005 Toponymische Richtlinien 2005. Ablehnende Vernehmlassungen folgender  Schweizerischer Fachorganisationen: Schweizerische Organisation für Geo-Information SOGI, Arbeitsgruppe Geographische Informationssysteme (GIS) der Schweizerischen Informatikkonferenz und Konferenz der Kantonalen Geodaten-Koordinationsstellen und GIS-Fachstellen. 

11. November 2005

Wo Unsinn einen Namen hat. Artikel von Cordula Sanwald im Beobachter.

24. Januar 2006

Totuflieji - Höje Laas - Düüheltor - Besch Hieti Landeskarten als Spielfeld für Linguisten? Artikel in der NZZ von Dr. Angelo Garovi, Titularprofessor für deutsche Sprachwissenschaft an der Universität Basel.
28. März 2006 Toponymische Richtlinien 2005: Auswertung der Vernehmlassung durch swisstopo. Diese Auswertung hat zwei Mängel: Das Thema "heutige Schreibweise beibehalten" wird nicht dargestellt und der Bericht über die Vernehmlassung wird mit der eigenen Stellungnahme von swisstopo vermischt.

24. Mai 2006
Bild
Frau Kathy Riklin, Nationalrätin

Antwort des Bundesrates auf die Anfrage von Frau NR Kathy Riklin vom 22. März 2006
     Frau NR Riklin lehnt in ihrer Anfrage die Toponymischen Richtlinien 2005 wohlbegründet ab und schlägt vor, auch in Zukunft die Weisungen 1948  anzuwenden. 
     Die bundesrätliche Antwort enthält u.a. die folgende Aussage: "Die TR05 [ Toponymische Richtlinien 2005] stellen keine Kehrtwende in der bisherigen Nomenklaturpraxis dar. Sie führen auch zu keiner grossflächigen Überarbeitung der Nomenklatur und bleiben in enger Anlehnung an die W48 [ Weisungen 1948]. Sie kommen überdies primär im Rahmen von Revisionen zur Anwendung, die ohnehin vorgesehen wären."
     Dieser Satz lässt darauf schliessen, dass die Antwort des Bundesrates vermutlich von einem Mitarbeiter der swisstopo entworfen wurde, und dass dieser Mitarbeiter das Ergebnis der Vernehmlassung kaum gewürdigt haben dürfte.
24. Mai 2006   Swisstopo schickt den Leitfaden 2006 in die Vernehmlassung. Dieser ersetzt die Toponymischen Richtlinien 2005.
22. Juni 2006  Leitfaden 2006. Ablehnende Vernehmlassung des Redaktors dieser Webseite
Ende Juni 2006   Leitfaden 2006. Ablehnende Vernehmlassungen folgender Schweizerischer Fachorganisationen: Schweizerische Organisation für Geo-Information SOGI, Arbeitsgruppe Geographische Informationssysteme (GIS) der Schweizerischen Informatikkonferenz und Konferenz der Kantonalen Geodaten-Koordinationsstellen und GIS-Fachstellen.
3. November 2006 Herbsttagung 2006 der Schweizerischen Gesellschaft für Kartografie. Thema: Schreibweise von Lokalnamen. Befürworter des Leitfadens 2006: Martin Gurtner, Leiter Topografische Grundlagen, swisstopo und Alfred Richli, Mitglied der Flurnamenkommission Kanton Schaffhausen. Ablehnend gegenüber dem Leitfaden 2006 äussert sich Martin Schlatter, Leiter GIS-Zentrum Kanton Zürich.
6. März 2007 Der Nationalrat verabschiedet das Geoinformationsgesetz (GeoIG). In der Eintretensdebatte wurden sechs Voten abgegeben für die unveränderte Schreibweise der Lokalnamen.
6. Juni 2007 Die Eidgenössische Vermessungsdirektion bittet die Kantone [vorläufig] keine Änderungen in der Nomenklatur [von Lokalnamen] vorzunehmen.
1. Juli 2008 Seit diesem Zeitpunkt sind rechtskräftig:

Geoinformationsgesetz (GeoIG)
"Art. 1. Zweck. Dieses Gesetz bezweckt, dass Geodaten über das Gebiet der Schweizerischen Eidgenossenschaft den Behörden von Bund, Kantonen und Gemeinden sowie der Wirtschaft, der Gesellschaft und der Wissenschaft für eine breite Nutzung, nachhaltig, aktuell, rasch, einfach, in der erforderlichen Qualität und zu angemessenen Kosten zur Verfügung stehen."
Lokalnamen gehören zu den Geodaten. Sie können den Artikel 1 nur erfüllen, wenn sie unverändert bleiben.
  Verordnung über die geografischen Namen (GeoNV)
"Art. 4 Grundsätze:
1. Geografische Namen sind einfach schreib- und lesbar und werden allgemein akzeptiert.
2. Sie werden, soweit möglich und sinnvoll, in Anlehnung an die Standardsprache (Schriftsprache) der Sprachregion formuliert.
3. Geografische Namen und ihre Schreibweise dürfen nur aus öffentlichem Interesse geändert werden."
1. August 2011 Swisstopo erlässt die Weisungen 2011 betreffend die Erhebung und Schreibweise der geografischen Namen der Landesvermessung und der amtlichen Vermessung:
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  44.3 Extreme Mundartschreibweise von Lokalnamen im Kanton Thurgau

12. Januar 1952

Thurgauer Zeitung vom 12. Januar 1952.
Die Schreibung unserer Flurnamen.
Von Oskar Bandle.

Links zum vollständigen Artikel:
Transkription  (HTML 18 KB)
Transkription  (WORD 37 KB)
Abbildung von zwei Zeitungsseiten  (PDF 788 KB)

Kommentar des Redaktors dieser Webseite vom 18. November 2010.

A. Der Namenforscher Oskar Bandle.

Oskar Bandle kritisiert in diesem Artikel die Schreibweise der Lokalnamen in den Siegfriedkarten, den Vorläufern der Landeskarte. "Echte Mundart und Schriftdeutsch, Schweizerdeutsch und Reichsdeutsch, Bodenständiges und Fremdes ist da in buntem, fröhlichem Durcheinander vermischt, ohne dass irgendeine feste Regel, irgendwelche einheitlichen Gesichtspunkte durchblicken würden."

Nach einer eingehenden Analyse zieht Bandle die Schlussfolgerungen:
  • "Es gibt, grob gesagt, drei Möglichkeiten, das Problem der Namenschreibung zu betrachten. Einmal kann man es rein vom Standpunkt der Nützlichkeit aus betrachten, dann wird man sich zufrieden geben, wenn aus der Namenform die Aussprache einigermassen eindeutig hervorgeht. Die Verfechter dieses Standpunktes werden es also zum Beispiel als gleichgültig erachten, ob „Wies“ oder „Wis“ geschrieben wird, da ja kaum jemandem einfallen würde, das Wort mit Zwielaut auszusprechen. Dass eine solche Auffassung die Nomenklatur nicht aus ihrer bisherigen Verwirrung herausbringt, ist klar."
  • "Nun ist man aber teilweise auch ins andere Extrem verfallen, indem man von der Kartennomenklatur „die scharfe Ausprägung des Regionalen“, das heisst genaue Schreibung nach der ortsüblichen Aussprache forderte und damit die geographischen Karten zu Mundartkarten machen wollte. Eine solche Forderung sieht nicht nur an der Tatsache vorbei, dass die geographischen Karten nicht in erster Linie dem Sprachstudium dienen, sondern vor allem praktische Zwecke zu erfüllen haben, sondern sie würde auch das Chaos keineswegs beseitigen."
  • "Demnach ist es klar, dass nur die dritte Möglichkeit, nämlich ein gut schweizerischer Kompromiss zwischen Mundart und Schriftsprache, zu einer alle Teile des Volkes, alle Arten von Kartenbenützern befriedigenden Lösung führen kann. Es muss eine Sprachform gefunden werden, die ein klares, einfaches, einheitliches Namenbild ergibt, die einerseits auch für nicht sprachlich Interessierte geniessbar, anderseits aber doch auch Ausdruck der sprachlichen Wirklichkeit ist und unsere Namen als nationales Kulturgut in die richtige Beleuchtung stellt. Ein solcher vernünftiger Kompromiss wird von den eidgenössischen Grundsätzen und Regeln angestrebt und, abgesehen von einigen Einzelheiten, sicher auch in durchaus befriedigender Weise erreicht."

Mit dem Ausdruck "eidgenössische Grundsätze und Regeln" bezeichnet Oskar Bandle die vier Jahre vorher vom Bund erlassenen  Weisungen 1948. Zwei weitere Zitate aus dem ausführlichen Artikel von von Bandle zu den  Weisungen 1948:
  • "All dies dürfte zur Genüge beweisen, dass die eidgenössischen Grundsätze und Regeln  [Weisungen 1948]  eine vernünftige Lösung dieses tatsächlich sehr schwierigen Problems der Namenschreibung darstellen."
  • "Hoffen wir, dass auch in unserem Kanton Thurgau innert nützlicher First eine Nomenklaturkommission bestellt werde, die eine einheitliche Schreibung unserer Flurnamen nach den neuen Richtlinien  [Weisungen 1948]  gewährleistet!"

B. Tragen Oskar Bandle und Eugen Nyffenegger Verantwortung für den Wirrwar von Schreibweisen im Kanton Thurgau?

Oskar Bandle war seit 1950 massgebend beteiligt an den Erhebungen von Lokalnamen im Kanton Thurgau und später bei der Redaktion des Thurgauer Namenbuches. Quellen: Hat Oskar Bandle seine Wertschätzung der Weisungen 1948 im Laufe der Jahre preisgegeben und Eugen Nyffenegger bei der Einführung der extremmundartlichen Schreibweise im Kanton Thurgau unterstützt?
     Namenforscher haben bei ihrer Arbeit vor allem sprachwissenschaftlichen Anforderungen zu genügen. Häufig haben sie jedoch wenig Verständnis für die Schreibweise von Lokalnamen auf amtlichen Plänen und Karten, denn sie kennen folgende Aspekte kaum: Öffentliche Verwaltung, Grundbuch, Gebäudeadressen, Wegweiser, Rettungsdienste und Zugriff zu früheren Akten. Sie sind sich auch kaum der Bedeutung der Schreibweise von Lokalnamen bewusst bei Beschreibungen in Geologie, Archäologie, Raumplanung, Volkskunde oder Tourismus.
     Aber Namenforscher sind ja nicht zuständig und damit auch nicht verantwortlich für die Schreibweise von Lokalnamen in amtlichen Kartenwerken. Die Zuständigkeit und die Verantwortung liegen bei der swisstopo als Herausgeberin der Landeskarte und als eidgenössische Aufsichtsbehörde über weitere amtliche Vermessungen. Und dieses Bundesamt hat etwa von 1990 bis 2006 aus meiner Sicht bezüglich der Schreibweise von Lokalnamen auf amtlichen Kartenwerken des Kantons Thurgau sträflich versagt.

Ein weiterer Kommentar zum Zeitungsartikel vom 12. Januar 1952 von Oskar Bandle steht auf der  Webseite GISpunktHSR.

1. Januar 1996

Die Verordnung (211.441) des Regierungsrates über die amtliche Vermessung vom 28. November 1995 tritt in Kraft. Im § 14 steht, dass der kantonalen Nomenklaturkommission die Schreibweise der Ortsnamen obliegt. Dass Bundesrecht zu beachten ist, gilt als selbstverständlich und wird darum nicht in einer kantonalen Verordnung erwähnt. 
ab etwa 1996 Analyse über die Änderungen in der Schreibweise von Ortschaftsnamen im Kanton Thurgau ab etwa 1996
Beispiel Ausschnitt Wängi - Münchwilen.
     Die Schreibweise der 26 Ortschaften im Gebiet Münchwilen-Wängi wurde analysiert. Das Ergebnis ist erschreckend: In den letzten Jahren hat mehr als die Hälfte dieser Ortschaften eine veränderte Schreibweise erhalten.

1. September 1998

Der Regierungsrat des Kantons Thurgau beantwortet die Einfache Anfrage von Kantonsrat Bruno Rieser, Kreuzlingen, vom 6. Juli 1998 betreffend Thurgauer Namenbuch.
Auszüge aus der regierungsrätlichen Antwort:
  • Geplant ist etwa für das Jahr 2006 ein mehrbändiges Werk.
  • Das Thurgauer Namenbuch wird einerseits für die Wissenschaft, anderseits für die breite Öffentlichkeit erarbeitet. Bereits heute nutzen viele Gemeinden, Amtsstellen, Schulen und Private die Sammlung und die bisherigen Resultate. Vor allem basieren die thurgauischen Grundbuch- und Vermessungspläne sowie die Landeskarte der Schweiz auf dem Material des Thurgauer Namenbuches.
  • Die Auftragserteilung des Thurgauer Namenbuches erfolgt durch den Regierungsrat. Dies geschah letztmals zur Organisation der abschliessenden Phase mit Regierungsratsbeschluss Nr. 432 vom 23.4.1996.

Kommentar des Redaktors dieser Webseite:

  1. Die bisherigen Resultate werden bereits genutzt für die amtliche Vermessung und für die Landeskarte.
  2. Die Änderung der Schreibweise der Lokalnamen und die damit verbundenen Probleme werden mit keinem Wort thematisiert.
ab 1999 Ab 1999 basieren die Neuausgaben der Landeskartenauf den Grundlagen des Thurgauer Namenbuches. (Quelle: Nyffenegger/Bandle: Thurgauer Namenbuch 1.1. Frauenfeld 2003. Seite 46)
bis 2003 Bis 2003 sind etwa drei Viertel der Grundbuch- und Vermessungspläne [AV] und in Namengebung, Schreibweise und Lokalisierung mit dem Thurgauer Namenbuch koordiniert.  (Quelle: Nyffenegger/Bandle: Thurgauer Namenbuch 1.1. Frauenfeld 2003. Seite 46)

11. August 2004

Einfache Anfrage von Kantonsrat Werner Dickenmann, Frauenfeld, betreffend "Beibehaltung von bestehenden Flurnamen".
    
Werner Dickenmann ärgert sich, wenn Flurnamen geändert werden. Er fragt u. a. "Aufgrund welches Rechtstitels dient bei Neuvermessungen das Thurgauer Namenbuch als Grundlage für die Festlegung von Orts- und Flurnamen?"
     In der Antwort vom 28. September 2004 weist der Regierungsratauf folgende Rechtsgrundlagen hin:
  1. Bundesrätliche Namenverordnung vom 30. Dezember 1970 (510.625),
  2. Weisungen 1948
    Anschliessend erläutert der Regierungsrat die Organisaton der Nomenklaturkommission und schliesst mit dem Satz: 
  3. "Dem Thurgauer Namenbuch kommt als sprachhistorisches Werk bei der Beurteilung von Namensstreitigkeiten das Gewicht zu, das jedem anderen qualitativ hochstehenden wissenschaftlichen Sachbuch zukommt: Es bildet einen gewichtigen und nicht leicht widerlegbaren Beleg für eine darin ausdrücklich festgehaltene Tatsache. Hierzu bedarf es keines Rechtstitels." 

Kommentar des Redaktors dieser Webseite:

  • In der Bundesrätlichen Namenverordnung vom 30. Dezember 1970 steht nichts über die Änderung von Lokalnamen. (Die Verordnung wurde später aufgehoben mit der " Verordnung GeoNV 2008".)
  • Die Weisungen 1948 stehen im Gegensatz zur extremmundartlichen Schreibweise im Kanton Thurgau. Somit dürfen sie nicht als Rechtsgrundlage zitiert werde. Die Missachtung der Weisungen 1948 ist vielmehr eine Rechtsverletzung.
  • Der vom Regierungsrat in Ziff. 3 oben betonte wissenschaftliche Wert des Namenbuches ist unbestritten, soweit er nur den namenkundlichen Aspekt betrifft. Der kartographische Aspekt wird jedoch vollständig ignoriert. Folglich ist das Namenbuch im Hinblick auf dessen Verwendung für die Kartographie wissenschaftlich ungenügend. Es ist unverständlich, dass die Thurgauer Regierung dies nicht erkannt hat. 
         Nachfolgend werden einige Fachinstanzen bezüglich des kartographischen Aspektes zitiert. Diese Zitate betreffen seit langem bekannte Tatsachen und darum tut es nichts zur Sache, dass sie teilweise jüngeren Datums sind.

Zitate zu den Anforderungen an die Schreibweise von Lokalnamen auf Karten; auszugsweise Zitate:

  • Eduard Imhof,  Professor an der ETH von 1925 bis 1965.
         Sprachliche Einheit ist unmöglich:
    "Jede Vermischung von Mundarten und Schriftsprache muss dem sprachlich geschulten Kartenbenützer unsympathisch sein. es wäre jedoch ein tragischer Irrtum, zu glauben, sprachliche Einheitlichkeit sei in der Plan- und Kartenbeschriftung der deutschen Schweiz überhaupt erreichbar. Eine kompromissfreie Lösung wäre nur in einer mundartlichen Spezialkarte mit phonetischen Lautzeichen möglich. Hoffen wir, dass auch eine solche nicht allzu lange auf sich warten lässt." (Seite 11)
         Grössere Verantwortung für Namen als für Messtechnik:
    "Messtechnische Kartenfehler lassen sich durch die heutigen Neuaufnahmen ausmerzen. Mit den Namenfehlern aber ist die Sache leider nicht so einfach. Im Gegensatz zum übrigen Karteninhalt ist die Kartenbeschriftung nicht nur ein Ergebnis richtiger oder falscher Aufnahmen, sondern darüber hinaus sehr oft Ursprung und Ursache eines neuen Gebrauches. In diesem Sinne kommt der kartographischnen Namenaufnahme eine grössere Verantwortung zu, als der Aufnahme aller übrigen Kartenteile. Es muss ihr auch heute eine besondere Bedeutung beigemessen werden; denn eine solche, den Volksgebrauch beeinflussende Kraft wird auch den neu entstehenden Plänen und Karten innewohnen." (Seite 14)
  • Frau Nationalrätin Kathy Riklin:
    "Mein Vorstoss richtet sich in keiner Weise gegen die Erfassung des hohen Guts der Flur- und Ortsnamen in ihrer lokalen Sprachform. Der Ort, wo dieses Gut gesammelt und in feiner Differenzierung darzustellen ist, sind jedoch nicht die Karten, sondern die kantonalen Namensbücher. Die Fertigstellung dieser Namensbücher, insbesondere auch in der Westschweiz, sollte Priorität haben."
  • Lokalnamen und ihre Schreibweise gehören zu den Geodaten. Die Anforderungen an Geodaten nennt das Geoinformationsgesetz 2008 in Art. 1: "Dieses Gesetz bezweckt, dass Geodaten über das Gebiet der Schweizerischen Eidgenossenschaft den Behörden von Bund, Kantonen und Gemeinden sowie der Wirtschaft, der Gesellschaft und der Wissenschaft für eine breite Nutzung, nachhaltig, aktuell, rasch, einfach, in der erforderlichen Qualität und zu angemessenen Kosten zur Verfügung stehen."
  • Schweiz. Verband für Geomatik und Landmanagement geosuisse:
    "Die [Schreibweise von Lokalnamen] wird von zwei grundverschiedenen Funktionen beeinflusst, nämlich der adressrelevanten und der sprachwissenschaftlichen. Aus der Sicht der Geoinformation steht die erste Funktion im Vordergrund. Diese Festlegungen sind eindeutig Geobasisdaten und wir beantragen, für diese die bewährte Regelung Weisungen 1948 wieder zu aktivieren und auf die Toponymischen Richtlinien zu verzichten." 
  • SIA (Gegründet 1837, 14'600 Mitglieder):
         " Geographische Namen,  namentlich Flurnamen sind in verschiedenen Tätigkeitsfeldern unserer Mitglieder wichtige Raumreferenzen. Insbesondere im naturwissenschaftlichen Bereich fliessen sie auch in Fachbezeichnungen ein oder werden zur Bezeichnung von Referenzlokalitäten verwendet. Diese Bereiche sind deshalb auf die Konsistenz dieser Namen sowohl in der Schreibweise wie in deren Positionierung zwingend angewiesen."
         " Auch im Kontext der Geoinformation ist die Konsistenz der Schreibweise essentiell. Genau so wie Koordinatensysteme nicht nach Belieben geändert werden können, muss das toponymische Orientierungssystem konstant bleiben oder zumindest eindeutig rückverfolgbar sein. Ähnlich wie bei der anstehenden Transformation des Koordinatensystems müsste der Bund als Herausgeber der Landeskarten einen historisierenden Flurnamendatensatz herausgeben, der jederzeit erlaubt, einen früher Zustand zu rekonstruieren oder ehemals gültige Flurnamen schnell und eindeutig zu lokalisieren. Diese und andere mit der Umstellung verbundene Kosten liessen sich allerdings vermeiden, wenn die Flurnamen im Stand 2000 eingefroren und für verbindlich erklärt würden."
  • Schweizerische Organisation für Geo-Information SOGI
    "Aus volkswirtschaftlichen Überlegungen sind die mit dem Wechsel der Schreibweise [ Weisungen 1948- Toponymische Richtlinien 2005] verbundenen Aufwendungen nicht gerechtfertigt. Dazu gehört nicht nur der grosse Anpassungsaufwand für abgeleitete Namen, sondern auch der Zeitbedarf, die Gemeinden zu überzeugen, dass Lokalnamen nicht mehr auf die gewohnte Art geschrieben werden dürfen. Zudem bestehen zahlreiche Datenbestände mit Lokalnamen in unzähligen Datenbanken bei kantonalen und kommunalen Verwaltungen, bei Werken, Notfall- und Polizeidienststellen, Versicherungen, Post, etc, die wohl alle mit einem hohen Aufwand angepasst werden müssten, um Missverständnisse zu eliminieren. Wer hat eine Abschätzung dieser Kosten gemacht?"
  • HSR Hochschule für Technik Rapperswil:
    "Geografische Namen sind ein wichtiger orientierender wie auch identifizierender Bestandteil der Geobasisdaten. Oberstes Ziel muss sein, dass "geografische Namen zur Verständigung über Örtlichkeiten dienen". Dieses Ziel kann erreicht werden, indem der heutige Namenbestand mit all seinen Unzulänglichkeiten "eingefroren" wird." 
  • Schweizerische Rettungsflugwacht (Rega):
    Die Einsatzzentrale ist in der ganzen Schweiz für jeden Hilfesuchenden rund um die Uhr erreichbar. Bei einer Alarmierung ist es von grosser Bedeutung, den genauen Notfallort abzufragen. Der Notfallort wird bei sehr vielen Alarmierungen via den geographischen Namen ermittelt. Viele Anrufer beziehen sich beim Notruf auf Landeskarten (verschiedener Jahrgänge), Tourenführer und Wegbeschilderungen. Für die Einsatzzentrale der Rega ist es von zentraler Bedeutung, dass diese Namen so stabil bleiben, wie nur möglich. Die geographischen Namen sollen nur in Ausnahmefällen geändert werden, keinesfalls infolge neuer Schreibregeln.

 

1. September 2004

Neue mundartnahe Schreibweise der Flurnamen in Zihlschlacht (TG). Frau Heidi Grau, Gemeindeammann, befürchtet, dass durch diese Änderungen ein heilloses Durcheinander entstehen könnte.

Quelle: Artikel von Urs Müller in der Thurgauer Zeitung vom 2. September 2004.

2. September 2004

Der Gemeinderat von Sirnach (TG) hat beim Departement für Inneres und Volkswirtschaft einen Rekurs eingereicht gegen die neue Schreibweise der Flurnamen.

Quelle: Artikel von Urs Müller in der Thurgauer Zeitung vom 2. September 2004.

1978-2004

Stichprobenanalyse zur Änderung der Schreibweisevon Lokalnamen in vier Thurgauer Gemeinden. Analysiert wurden die Ausgaben 1978 und 2004 des Landeskartenblattes 1073 Wil. Ergebnis: Bei total 246 Lokalnamen wurde von 135 (55%) Lokalnamen die Schreibweise verändert.

Anfangs 2005 Ortschaften- und Siedlungsverzeichnis Kanton Thurgau. Ausgabe 2005. Dieses Verzeichnis enthält die Namen aller 1265 Siedlungen (Ortschaft, Weiler, Hof) im Kanton Thurgau. In den letzten Jahren wurde die Schreibweise von 68% aller Siedlungsnamen verändert, sodass in der Ausgabe 2005 dieses Verzeichnisses für 1'265 Siedlungen 2'178 verschiedene Schreibweisen angegeben werden mussten!
     Wie haben wohl die vielen kantonalen und kommunalen Verwaltungsabteilungen im Kanton Thurgau das Problem der verschiedenen Schreibweisen gemeistert? Die kantonale Dienststelle für Statistik wählte für die Siedlungen die alte Schreibweise, denn sonst könnte man das Verzeichnis 2005 nicht mehr mit dem Verzeichnis 1983 vergleichen. In Klammern wurden neben jeder Siedlung die neuen, abweichenden Schreibweisen geschrieben.
2007 Zitat aus Nyffenegger/Graf: Thurgauer Namenbuch 3.1. Frauenfeld 2007. Seite 9:
     "Für den Kanton Thurgau wurde vom Thurgauer Namenbuch eine Schreibweise definiert, die auf den eidgenössischen Vorschriften basiert, in der Anwendung aber konsequent ist und dem heutigen Standard der Mundartschreibweise entsprich. Der Entwurf zu den Toponymischen Richtlinien der Schweiz 2005 hat diese Schreibweise weitgehend integriert."

Kommentar des Redaktors dieser Webseite:
  1. Der Kanton Thurgau verwendet seit Jahren eine extreme Mundartschreibweise. Diese basiert nichtauf "eidgenössischen Vorschriften", sie steht sogar im Gegensatz zu den geltenden Weisungen 1948 .
  2. Der "Entwurf zu den Toponymischen Richtlinien der Schweiz 2005" wurde in der Vernehmlassung und in der parlamentarischen Beratung  abgelehnt. Folglich ist er auch nicht in die Verordnung GeoNV 2008 aufgenommen worden. Er steht nämlich in einem krassen Widerspruch zu den Grundsätzen im Artikel 4 dieser Verordnung. Die extreme Mundartschreibweise im Sinne der später publizierten Toponymischen Richtlinien der Schweiz 2005 wurden dagegen schon seit Jahren zuvor insbesondere von den Kantonen Thurgau und Schaffhausen angewendet.
  3. Es ist nicht nachvollziehbar, dass es der Kanton Thurgau erreicht hat, eine extreme Mundartschreibweise in der amtlichen Vermessung und auf den Landeskarten einzuführen.
  4. Ebenso unverständlich ist es, dass swisstopo als Herausgeberin der Landeskarte und die Eidg. Vermessungsdirektion als Aufsichtsbehörde über die kantonalen amtlichen Vermessungen dieses Vorgehen nicht nur geduldet, sondern sogar gefördert haben.
  5. Jedem Wissenschafter steht es natürlich frei, welche Schreibweise für Lokalnamen er in seinem Namenbuch empfehlen will. Unzulässig ist es hingegen, dass die Schreibweise einer wissenschaftlichen Arbeit für öffentliche Kartenwerke übernommen worden wird - und zwar ohne Rechtsgrundlage.
21. November 2008 Ein Beispiel für die Unsicherheiten: Ärdhuuse steht auf offiziellen Karten, doch im Entwurf des ISOS für ein Schweizerisches Inventar der Kulturgüter von nationaler Bedeutung,  Kanton Thurgau, ist die Rede von einem "Bauernhaus Vers. Nr. 236, Erdhausen".
12. Mai 2009 Ein Beispiel für die Unsicherheiten: Ärdhuuse steht auf offiziellen Karten, doch der Regierungsrat des Kantons Thurgau schreibt in seinem Beschluss Nr 371 über  "Zukunft Obstbau Thurgau" in einer Adressangabe Erdhausen.

25. Mai 2009 

Wenn aus Rotbühl Roopel wird . Der Artikel von Christof Widmer in der Thurgauer Zeitung wurde im Kanton Thurgau stark beachtet. Die vielen Kommentare und Leserbriefe zeigen, dass die zahlreichen Änderungen der Schreibweise von Lokalnamen einen kostspieligen und verwirrenden Leerlauf verursachen.
15. Juni 2009 Einfache Anfrage"Bereinigung von Orts- und Flurnamen" von Prof. Dr. Thomas Merz-Abt, Mitglied des Grossen Rates, an den Regierungsrat des Kantons Thurgau.Wörtliche Abschrift:

Thomas Merz-Abt, CVP/glp-Fraktion. Austr. 11B, 8570 Weinfelden. info@thomasmerz.ch
Einfache Anfrage Bereinigung von Orts- und Flurnamen
     Ein Artikel der Thurgauer Zeitung vom 25. Mai 2009 machte auf die umfassende Veränderung von Thurgauer Flurnamen aufmerksam. Tausende von Orts- und Flurnamen 
wurden in den letzten Jahren geändert. Nun folgt offenbar auch eine Anpassung auf Wegweisern und Ortstafeln. Dabei werden in Dokumenten, auf Tafeln und Wegweisern 
gebräuchliche Bezeichnungen in Schriftsprache durch mündliche Bezeichnungen ersetzt (z.B. Roopel für Rotbüel, Nole für Nollen, Blaaki für Bleiche, Ottebärg für Ottenberg 
usw.).
     Zahlreiche Reaktionen in der Öffentlichkeit zeigen, dass der Sinn dieser umfassenden Veränderung von vielen Bürgerinnen und Bürgern nicht gesehen wird. Sie stösst aus 
verschiedenen Gründen in breiten Kreisen auf Unverständnis.
     In diesem Zusammenhang bitte ich den Regierungsrat um die Beantwortung folgender Fragen:
  1. Bestehen tatsächlich verbindliche Vorgaben des Bundes, die eine solche umfassende Neubenennung bis hin zur Anpassung von Wegweisern und Ortstafeln erfordern? 
  2. Kann die Regierung die Kosten beziffern, die diese Namensänderung im Thurgau ausgelöst hat bzw. bei einer Weiterführung noch auslösen wird?
  3. Wo liegt aus Sicht der Regierung der effektive Nutzen, wenn gebräuchliche und bestens vertraute Namen durch alte, oft unbekannte Mundartbezeichnungen ersetzt werden?
  4. Könnte sich der Kanton Thurgau beispielsweise mit Bezug auf Artikel 4 in der vom Bundesrat am 21. 5. 2008 verabschiedeten Verordnung über die geografischen Namen (GeoNV) auch einer weiteren Veränderung der Namen widersetzen?
  5. Stehen betroffenen Grundbesitzern, die bestens eingeführte Bezeichnungen beibehalten möchten, auch Rekursmöglichkeiten offen?


Ich danke dem Regierungsrat freundlich für die Beantwortung dieser Fragen. Weinfelden, 15. Juni 2009. Sig. Thomas Merz-Abt.

  8.  Juli 2009 Wenn die Ambulanz Rotbühl sucht . Artikel von Christof Widmer in der Thurgauer Zeitung. 
  11. Juli 2009 Roopel, Äppeste, Holpmishus: Wer zieht die Notbremse? Leitartikel von Christof Widmer in der Thurgauer Zeitung.
  18. Juli 2009 Gehirn-Jogging. Artikel von Ida Sandl in der Thurgauer Zeitung.

  21. Juli 2009

"Ich wohne im Rotbühl, nicht im Roopel" Artikel von Marc Engelhard in der Thurgauer Zeitung.
Dieser Artikel erschien am 21. 7. 2009 unter dem Titel "Wenn die Karte Velofahrer total verwirrt" auch in den Online-Ausgaben der folgenden Zeitungen: Basler Zeitung, Berner Zeitung, Der Bund und Tages Anzeiger.

  23. Juli 2009, 00 h

Neue Flurnamen - neue Kritik. Artikel von Marc Haltiner in der Thurgauer Zeitung.

  23. Juli 2009, 12 h

Flurnamen: Gemeinden wollen sich wehren. Artikel von Marc Haltiner in der Thurgauer Zeitung.

   24. Juli 2009

Flurnamen sorgen für Verwirrung. Bericht von Christian Lipp im Schweizer Fernsehen SF1, Schweiz aktuell. Dauer 5 Minuten.

   30. Juli 2009

Zwei Leserbriefe (KR Thomas Merz-Abt) Thurgauer Zeitung.

  30. Juli 2009

RR Schläpfer: Kein Zurück bei Flurnamen. Interview von Christof Widmer. Thurgauer Zeitung.

  3. August 2009

Antwort der Regierung auf die Einfache Anfrage Merz vom 15. Juni 2009.

  4. August 2009

"Thurberg" kämpft um den Namen. Artikel von Urs Brüschweiler in der Thurgauer Zeitung.

  4. August 2009

Umstrittene Flurnamen. Artikel von Markus Schoch im Tagblatt des Kanton Thurgau.

  7. August 2009

Drei Leserbriefe (H. Weibel, a. Grundbuchverwalter, Ermatingen) in der Thurgauer Zeitung.

  7. August 2009

"Mundartnahe" Umbenennungen soll es weiterhn geben. Artikel in der Thurgauer Zeitung.

  8. August 2009

Glosse über RR Schläpfer in der Thurgauer Zeitung.


Nach dem 8. August 2009


Nach dem 8. August 2009 werden in diesem Kapitel nur noch gelegentlich Hinweise gemacht auf das Kapitel Presse.

  23. März 2010

Bericht der Arbeitsgruppe Orts- und Flurnamen.

  28. Mai 2010

Aus "Roopel" soll wieder "Rotbühl" werden. Mitteilung des Departementes für Inneres und Volkswirtschaft.

  29. Mai 2010

 
Der Streit um Ortsnamen im Thurgau ist entschieden.

 6. September 2010

 
Das Aufräumen nach dem Namenstreit.

 Oktober 2010

 
NEUE THURGAUER WANDERKARTE

Der Verlag Huber in Frauenfeld hat eine neue Thurgauer Wanderkarte 1:50'000 herausgegeben. In der Legende dieser Karte steht der Vermerk "Kartengrundlage: Landeskarte 1:50'000, Nachführungsstand 2002."
  • Lokalnamen in schwarzer Farbe:
         Gemäss Landeskarte 1:50'000, Nachführungsstand 2002.
  • Lokalnamen in grüner Farbe:
         Geplante neue Schreibweise.


Kommentar auf der Rückseite der Karte,

verfasst von Andreas Keller, Präsident der Flurnamenkommission des Kantons Thurgau, Departement für Inneres und Volkswirtschaft.
Verwaltungsgebäude, Promenadenstrasse 8, 8510 Frauenfeld.
Tel. +41 (0)52 724 23 72 andreas.keller@tg.ch

Orts- und Flurnamen - Mundart oder Schriftsprache.
Ab Mitte des 20. Jahrhunderts wurden die Orts- und Flurnamen in der ganzen Schweiz erstmals systematisch für die Landeskarten erfasst. Dabei entstand ein Streit darüber, ob die Namen in Mundart oder Schriftsprache geschrieben werden sollten. Im Thurgau setzte sich bei kleineren Ortschaften und bei reinen Flurnamen eine mundartnahe Schreibweise durch. Mit der fortschreitenden Erfassung von Mundartnamen zeigte jede Kartenauflage neue Differenzen zu den schriftsprachlichen Namen, die man bisher von Adressen, Ortstafeln und Wegweisern gewohnt war. Das bekannteste Beispiel ist "Roopel", für den Weiler "Rotbühl" bei Fischingen.

Grossformat
Mundart und Schriftsprache unterscheiden sich stark - wie das Beispiel Roopel/Rotbühl eindrücklich zeigt.

Die neuen Mundartnamen stiessen in der Bevölkerung, bei Gemeinden und in politischen Kreisen zunehmend auf Widerstand, weshalb der Kanton eine Arbeitsgruppe zur Lösung des Problems einsetzte. In ihrem Bericht vom 23. März 2010 empfiehlt die Arbeitsgruppe, die besiedelten Gebiete - Ortschaften, Weiler, Höfe - wieder traditionell in Schriftsprache zu schreiben. Das Gleiche empfiehlt sie auch für Flurnamen von bekannten Ausflugszielen und Naherholungsgebieten. Hingegen sollen die übrigen Flurnamen - also die unbesiedelten Gebiete ohne besondere Bedeutung - in Mundart bleiben.

Von "Alewinde" bis "Zigeze"
"Alewinde" Allenwinden
"Ufhüüsere" Aufhäusern
"Büüre" Büren
"Gäbelschhuuse" Geboltshausen
"Hüüsle" Häuslen
"Holpmishus" Holzmannshaus
"Lüütschwiil" Leutswil
"Sibenaache" Siebeneichen
"Steerenbärg" Stehrenberg
"Tuurraa" Thurrain
"Uuwiile" Uhwilen
"Zigeze" Siegensee

Ein Teil der Mundartnamen muss somit in die traditionelle schriftsprachliche Form zurückgeführt werden. Diese Rückführung erfordert einige rechtliche Schritte und ist erst angelaufen. Die vorliegende neue Wanderkarte zeigt ganz aktuell die Übergangssituation: Wo eine Rückkehr zur Schriftsprache geplant ist, wird der Name in beiden Schreibweisen aufgeführt.

Kommentar des Verfasses dieser Webseite vom 21. Oktober 2010.

Ich begrüsse es, dass mit dieser "zweisprachigen Wanderkarte" darauf hingewiesen wird, dass voraussichtlich im Jahr 2016, bei der nächsten Neuauflage der Landeskarte 1:25'000 aus dem Jahr 2010, die Schreibweise vieler Lokalnamen ersetzt wird durch die in grüner Farbe dargestellte Schreibweise auf dieser neuen Wanderkarte.
     Leider erweckt der Kommentar unter dem Titel "Mundart oder Schriftsprache" den falschen Eindruck, dass die Lokalnamen bisher in Mundart geschrieben worden seien und dass in Zukunft die schriftsprachliche Schreibweise gelte. Die von der  Arbeitsgruppe Orts- und Flurnamen  beantragte Änderung der Schreibweise will lediglich die in den letzten Jahren erfolgte vorschriftswidrige Einführung der extremmundartlichen Schreibweise von Lokalnamen rückgängig machen. Gemäss den Weisungen 1948 wird die Schreibweise ein wohlabgewogener Kompromiss zwischen Mundart und Schriftsprache bleiben.
     Die neue "zweisprachige" Thurgauer Wanderkarte weist auf den volkswirtschaftlichen Leerlauf hin, der im Kanton Thurgau entstanden ist durch die unüberlegten Änderungen der Schreibweisen von Lokalnamen. Vier Hinweise erläutern dieses Thema:
Kartenausschnitte

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Schwarz: "Iifang". Extremmundartliche Schreibweise.
Grün: "Ifang". Schreibweise, bevor die vorschriftswidrige extremmundartliche Schreibweise eingeführt worden war. Die Schreibweise "Ifang" war vermutlich während Jahrzehnten üblich. Sie soll wieder unverändert eingeführt werden. Richtigerweise wird also nicht als 3. Variante die Schriftsprache "Einfang" eingeführt.

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Schwarz: "Teebrune". Extremmundartliche Schreibweise.
Grün: "Debrunnen". Schreibweise, bevor eine grundlos veränderte Schreibweise eingeführt worden war. Die Schreibweise "Debrunnen" war vermutlich während Jahrzehnten üblich und wurde in allen Akten so verwendet. Die Verbindung zu bisherigen schriftlichen Unterlagen würde mit der Schreibweise "Teebrune" sehr erschwert.

 22. Februar 2012 Grossformat
Departement für Inneres und Volkswirtschaft, Generalsekretariat.

Schlussbericht der Arbeitsgruppe Orts- und Flurnamen
vom 22. Februar 2012.


(Original auf PDF 123 KB.)
Nachfolgend die vollständige Wiedergabe:

Arbeitsgruppe Orts- und Flurnamen:
Andreas Keller, Präsident
Ulrike Baldenweg
Christian Dettwiler
Roland Kuttruff

1 Bericht der ersten Arbeitsgruppe

Aufgrund einer breiten Kritik an der mundartnahen Schreibweise der Orts- und Flurnamen setzte der Vorsteher des Departementes für Inneres und Volkswirtschaft (DIV) am 13. August 2009 eine Arbeitsgruppe ein mit dem Auftrag, die tatsächliche und rechtliche Situation hinsichtlich der Festsetzung und Schreibweise von Orts- und Flurnamen sowie weiteren Namen zu analysieren und bis zum 30. April 2010 einen Bericht mit Empfehlungen für das weitere Vorgehen zu erstellen. Die Arbeitsgruppe lieferte am 23. März 2010 den geforderten Bericht ab (Beilage 1).

Der Bericht wurde am 28. Mai 2010 den Medien vorgestellt und enthielt insbesondere die folgenden Empfehlungen zur Schreibweise der Orts- und Flurnamen:
  • Die Schreibweise der Ortsnamen (besiedelte Gebiete) soll sich nach der traditionellen Schreibweise richten. Auszugehen ist vom Ortschaften- und Siedlungsverzeichnis der Dienststelle für Statistik.
  • Flurnamen, denen ein allgemeines Interesse oder eine über das Lokale hinausgehende Bedeutung zukommt, sollen ebenfalls nach der traditionellen Schreibweise benannt werden. Dazu gehören beispielsweise bekannte Ausflugsziele und Naherholungsgebiete mit touristischer Bedeutung.
  • Die Schreibweise der übrigen Flurnamen (unbesiedelte Gebiete ohne besondere Bedeutung) soll grundsätzlich in Mundart nach den bisher angewandten Schreibregeln erfolgen.

2 Neue Arbeitsgruppe

In der Folge setzte der Vorsteher des DIV am 29. Juni 2010 eine neue Arbeitsgruppe ein mit dem Auftrag, die Empfehlungen gemäss Bericht der ersten Arbeitsgruppe Orts- und Flurnamen vom 23. März 2010 umzusetzen.

In die neue Arbeitsgruppe wurden berufen:
  • Andreas Keller, lic. iur., Generalsekretär DIV, Präsident
  • Ulrike Baldenweg, Dr. oec. publ., Kantonsstatistikerin und Leiterin der Dienststelle für Statistik in der Staatskanzlei
  • Christian Dettwiler, dipl. Ing. ETH, Kantonsgeometer und Chef des Amtes für Geoinformation
  • Roland Kuttruff, Gemeindeammann, Präsident des Verbandes Thurgauer Gemeinden

Der Auftrag richtete sich nach dem Umsetzungskonzept vom 21. Mai 2010 (Beilage 2), welches vom Departementschef und vom Präsidenten der Arbeitsgruppe gemeinsam erarbeitet worden war.

3 Umsetzungsarbeiten der Arbeitsgruppe

3.1 Aktualisierte Liste der Ortschaften und Siedlungen

Im Auftrag der Arbeitsgruppe erstellte David Gallati von der Dienststelle für Statistik zunächst eine aktualisierte Liste der Ortschaften und Siedlungen. Dabei wurden Wohngebäude, die weniger als 100 bis 150 Meter voneinander entfernt liegen, jeweils zu einer Siedlung zusammengefasst. Als trennende Elemente wurden Höhenunterschiede, Wasserläufe, Bahngeleise oder Strassen berücksichtigt; als verbindende Elemente galten Verkehrsmöglichkeiten wie Brücken oder Unterführungen. Die verwendeten Schreibweisen basierten auf dem Ortschaften- und Siedlungsverzeichnis Kanton Thurgau, Ausgabe 2005. Als weitere Quellen dienten das Eidgenössische Gebäude- und Wohnungsregister (GWR), die Namendatenbank des Bundesamtes für Landestopografie (SwissNames), das historisierte Gemeindeverzeichnis des Bundesamtes für Statistik, die Landeskarte der Schweiz sowie das Thurgauer Namenbuch.

Die Liste wurde nach Politischen Gemeinden gegliedert und umfasst rund 2300 Namen. Die höchste Zahl von 117 Siedlungen ist in der Gemeinde Fischingen verzeichnet, bei Dozwil und Gottlieben sind es hingegen nur ganz wenige Siedlungen.

3.2 Liste der Flurnamen von übergeordneter Bedeutung

Ergänzend zur aktualisierten Liste der Ortschaften und Siedlungen erstellte die Arbeitsgruppe in Zusammenarbeit mit dem Verein Thurgauer Wanderwege eine Liste der Flurnamen von übergeordneter Bedeutung (Beilage 3). Auf diese Liste kamen Flurnamen, denen eine über das Lokale hinausgehende Bedeutung zukommt und die auf der Landeskarte 1:25'000 verzeichnet sind. Um Überschneidungen zu vermeiden, wurden jene Namen, die bereits als Ortschaft oder Siedlung verzeichnet waren, hier nicht mehr aufgenommen. Somit umfasst die Liste noch 33 Flurnamen von übergeordneter Bedeutung, namentlich von markanten Erhebungen, Gewässern und Ausflugszielen.

3.3 Vernehmlassungsverfahren

In der Zeit vom 28. Oktober 2010 bis zum 31. Januar 2011 wurde eine Vernehmlassung bei allen Politischen Gemeinden im Kanton durchgeführt. Den Gemeinden wurden folgende Unterlagen zugestellt:
  • Liste der Ortschaften und Siedlungen (pro Gemeinde)
  • Liste der Flurnamen von übergeordneter Bedeutung (ganzer Kanton)
  • Karte des Gemeindegebietes im Massstab 1:6’000

Die Gemeinden hatten die Möglichkeit, fehlende Siedlungen und Ortsteile zusätzlich einzutragen, allfällige nicht sinnvoll abgrenzbare Siedlungen aus der Liste zu streichen, für unübliche Namen eine gebräuchliche Alternative vorzuschlagen oder unter mehreren vorgeschlagenen Namen den gebräuchlichsten anzugeben.

Ausserdem wurden die Gemeinden gebeten, alle aufgelisteten Siedlungen auf der Karte einzuzeichnen, damit sämtliche bestehenden Wohngebäude im jeweiligen Gemeindegebiet und insgesamt im Kanton einem (und nur einem) bestimmten Siedlungsnamen zugeordnet werden können.

Die Ergebnisse der Vernehmlassung waren sehr gut. Innerhalb der angesetzten Frist gingen die Unterlagen von fast 90 Prozent der Gemeinden in der gewünschten Form ein. Bei den restlichen Gemeinden musste nochmals nachgefragt werden und einzelne von ihnen benötigten etwas Unterstützung bei der Bearbeitung der Dokumente. Im Frühjahr 2011 lagen dann aber die Stellungnahmen von allen 80 Politischen Gemeinden vor.

Inhaltlich zeigten sich die Gemeinden äusserst zufrieden mit den Vorarbeiten der Arbeitsgruppe. Die Änderungswünsche bezogen sich nie auf die grundsätzlichen Aspekte der Arbeit, sondern immer nur konkret auf einzelne Namen von gewissen Ortsteilen, Siedlungen oder Höfen. Einige wenige Unklarheiten wurden vom Amt für Geoinformation direkt mit der entsprechenden Gemeinde ausgeräumt, so dass die Liste der Ortschaften und Siedlungen schliesslich zur vollumfänglichen Zufriedenheit aller beteiligten Stellen bereinigt werden konnte.

4 Neue Thurgauer Wanderkarte

Im Sommer 2010 trat der Verlag Huber als Herausgeber der Thurgauer Wanderkarte an die Arbeitsgruppe heran. Die letzte Auflage dieser Karte war seit einiger Zeit vergriffen und der Verlag plante eine Neuauflage. Zu diesem Zeitpunkt waren die Listen mit den aktualisierten Namen erst verwaltungsintern in Vorbereitung und eine rechtskräftige Erfassung der neuen Namen in der amtlichen Vermessung lag noch in der Ferne. Der Verlag entschloss sich daher in Absprache mit der Arbeitsgruppe, im Herbst 2010 eine Zwischenauflage herauszubringen, in der nebst den noch gültigen Mundartnamen in einer andern Schriftfarbe auch die traditionellen Namen in Schriftsprache erschienen. Auf Anraten der Arbeitsgruppe orientierte sich der Verlag dabei am Ortschaften- und Siedlungsverzeichnis Ausgabe 2005.

Die neue Thurgauer Wanderkarte kam planmässig im Herbst 2010 heraus und ist eine „zweisprachige“ Besonderheit (Beilage 4). Der Präsident der Arbeitsgruppe erhielt zudem Gelegenheit, in einem Falzteil der Karte auf die Thematik der Orts- und Flurnamen hinzuweisen und einige Beispiele zu nennen (Beilage 5). Auf diese Weise konnte die Stossrichtung der Umsetzungsarbeiten im Namensstreit auf der Karte sichtbar gemacht und in der Medienberichterstattung beim Erscheinen der Karte auch dargstellt werden.

5 Gesetz über Geoinformation und zugehöriges Verordnungsrecht

Mit dem Bundesgesetz über Geoinformation vom 5. Oktober 2007 wurden unter anderem auch die amtliche Vermessung auf eine neue rechtliche Basis gestellt. Die Thurgauer Anschlussgesetzgebung mit dem kantonalen Gesetz über Geoinformation und drei dazugehörigen Verordnung wurde auf den 1. Januar 2012 in Kraft gesetzt. Im vorliegenden Fall interessiert speziell die Verordnung des Regierungsrates über die amtliche Vermessung vom 22. November 2011. In den §§ 12 und 13 regelt diese Verordnung den Bereich der geografischen Namen neu. Demnach ist das Amt für Geoinformation insbesondere zuständig für die Festlegung der geografischen Namen der amtlichen Vermessung (Flurnamen, Ortsnamen, Geländenamen, Bodenbedeckung und Einzelobjekte). Die Nomenklaturkommission, die nach neuem Bundesrecht keine Entscheidbefugnis mehr hat, nimmt als kantonale Fachstelle eine Prüfung der Namen vor und kann Empfehlungen an das zuständige Amt für Geoinformation abgeben.

6 Weitere Umsetzungsschritte

6.1 Neues Ortschaften- und Siedlungsverzeichnis

In der Dienststelle für Statistik laufen gegenwärtig die Vorbereitungen für ein neues Ortschaften- und Siedlungsverzeichnis. Basis dazu ist die aktualisierte Liste der Ortschaften und Siedlungen unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Vernehmlassung. Seitens der Arbeitsgruppe sind hier keine Aktivitäten mehr erforderlich.

6.2 Amtliche Vermessung / Sichtbarkeit im  ThurGIS.

Die geografischen Namen sind Teil der amtlichen Vermessung und werden dort von den zuständigen Stellen nachgeführt. Die im Rahmen der Vernehmlassung erhobenen Orts- und Siedlungsnamen fliessen in die Ebene Nomenklatur der amtlichen Vermessung ein.

Die Flurnamen sind Teil des Projektes „Periodische Nachführung“ der amtlichen Vermessung. Alle Gebiete des Kantons werden im Rahmen dieses Projektes von den zuständigen Nachführungsgeometern erfasst und auf den aktuellen Stand gebracht.

Die nachgeführten Namen werden im Geoinformations-System ThurGIS nach und nach sichtbar. Von jenen Namen, die in den Medien besondere Aufmerksamkeit fanden, sind schon viele angepasst und im Thurgis in der neuen Form sichtbar (vgl. Beilagen 6 - 8). Besonders zu erwähnen sind:
  • Rotbühl statt Roopel
  • Thurberg statt Tuurbärg
  • Nollen statt Nole

Das Projekt „Periodische Nachführung“ läuft nun weiter. Am Ende des Projektes werden die einzelnen Grundeigentümer einen Güterzettel erhalten, auf dem die jeweiligen Flurnamen sichtbar sind. Dabei kann es zu einzelnen Streitfällen kommen, die dann auf dem ordentlichen Rekursweg zu behandeln sind. Seitens der Arbeitsgruppe sind hier keine Aktivitäten mehr erforderlich.

6.3 Nachführung in den Landeskarten

Die geografischen Namen der amtlichen Vermessung bilden auch die Grundlage für die Landeskarten. Der in den Landeskarten sichtbare Wechsel zu den neuen Namen findet aber logischerweise immer erst dann statt, wenn ein Kartenblatt in einer neuen Auflage erscheint.

Wie bereits erwähnt, konnte mit der „zweisprachigen“ Thurgauer Wanderkarte immerhin bereits ein für die Bevölkerung sichtbares Zeichen gesetzt werden.

Vom Bund ist eine neue Auflage der Landeskarten 1:25'000 für den Thurgau jedoch erst 2016 geplant. In den Landeskarten werden die neuen Namen daher wohl erst ab diesem Zeitpunkt sichtbar sein.

7 Abschliessende Bemerkungen

Die Arbeitsgruppe hat die in ihren Möglichkeiten liegenden Arbeiten zur Umsetzung der Empfehlungen aus dem ersten Bericht abgeschlossen. Die weiteren Schritte obliegen nun den für die einzelnen Bereiche zuständigen Stellen und richten sich nach dem geltenden Recht und den ordentlichen Verfahrensabläufen. Mit dem per 1. Januar 2012 in Kraft gesetzten Geoinformationsrecht sind die rechtlichen Grundlagen dafür geschaffen.

Die hohen Wellen, welche die Mundartschreibweise der Thurgauer Orts- und Flurnamen seinerzeit warf, haben sich in der Zwischenzeit weitgehend gelegt. Die Arbeitsgruppe geht zuversichtlich davon aus, dass der Thurgau auf dem vorgezeigten Weg nach und nach wieder zu einer einheitlichen Schreibweise der betreffenden Namen zurückfindet.

Damit wird der Vorsteher des DIV ersucht, von diesem Abschlussbericht Kenntnis zu nehmen und die Arbeitsgruppe aufgrund des erledigten Auftrages aufzulösen.

Arbeitsgruppe Orts- und Flurnamen
Der Präsident
[sig.] lic. iur. Andreas Keller.


Beilagen  (PDF 2'284 KB)
  • 1 Bericht vom 23. März 2010  (PDF 64 KB)
  • 2 Umsetzungskonzept / Zeitplan vom 21. Mai 2010 [fehlt hier]
  • 3 Liste der Flurnamen von übergeordneter Bedeutung
  • 4 Ausschnitt aus Thurgauer Wanderkarte ("zweisprachig")
  • 5 Text im Falzteil der Thurgauer Wanderkarte
  • 6 ThurGIS-Ausschnitt Rotbühl
  • 7 ThurGIS-Ausschnitt Thurberg
  • 8 ThurGIS-Ausschnitt Nollen


 8. März 2012 Grossformat
Information vom 8. März 2012 auf der  Webseite  des Kantons Thurgau.
Diese Information wird nachstehend vollständig wiedergegeben:

Gutes Ende für Thurgauer Orts- und Flurnamen.
Der Thurgau ist auf dem Weg zurück zur einheitlichen Schreibweise der Orts- und Flurnamen. Eine Arbeitsgruppe, die mit der Umsetzung der im Jahr 2010 vorgeschlagenen Empfehlungen beauftragt war, hat ihre Arbeit erfolgreich abgeschlossen.

Im Jahr 2009 wurde breite Kritik zur mundartnahen Schreibweise der Thurgauer Orts- und Flurnamen laut. Daraufhin setzte der verantwortliche Regierungsrat Kaspar Schläpfer umgehend eine Arbeitsgruppe ein, die die Situation abklärte und Empfehlungen erarbeitete. Diese wurden im Mai 2010 der Öffentlichkeit vorgestellt. Im Wesentlichen empfahl die Arbeitsgruppe, dass die Ortsnamen wieder nach der traditionellen, das heisst hochsprachlichen Schreibweise anzupassen seien. Eine neue Arbeitsgruppe befasste sich anschliessend mit der Umsetzung der Vorgaben und Empfehlungen.

2'300 Namen.
In ihrem Schlussbericht hält die Arbeitsgruppe nun fest, dass eine aktualisierte Liste der Ortschaften und Siedlungen sowie eine Liste der Flurnamen von übergeordneter Bedeutung erstellt worden ist. Die Liste der Ortschaften und Siedlungen wurde nach den Politischen Gemeinden gegliedert und umfasst rund 2'300 Namen. Die höchste Zahl von 117 Siedlungen zählt die Gemeinde Fischingen, bei Dozwil und Gottlieben sind es hin-gegen nur ganz wenige. Die Liste der Flurnamen von übergeordneter Bedeutung wurde in Zusammenarbeit mit dem Verein Thurgauer Wanderwege erstellt und umfasst insgesamt 33 Namen, namentlich von markanten Erhebungen, Gewässern und Ausflugszielen wie beispielsweise Stählibuck, Nussbaumersee oder Hudelmoos.

Gemeinden zufrieden.
Im Rahmen einer Vernehmlassung erhielten die Gemeinden die Möglichkeit, sich zu den Listen zu äussern. Die Ergebnisse der Vernehmlassung waren sehr gut. Innerhalb der gesetzten Frist gingen die Unterlagen von fast 90 Prozent der Gemeinden ein und inhaltlich zeigten sich die Gemeinden sehr zufrieden mit den Arbeiten der Arbeitsgruppe. Einige Unklarheiten konnten direkt mit den Gemeinden ausgeräumt werden, so dass die Liste der Ortschaften und Siedlungen schliesslich zur vollen Zufriedenheit aller beteiligten Stellen bereinigt werden konnte.

Neues Verzeichnis in Arbeit.
Als weiterer Umsetzungsschritt laufen bei der Dienststelle für Statistik gegenwärtig die Vorbereitungen für ein neues Ortschaften- und Siedlungsverzeichnis. Basis dazu ist die aktualisierte Liste der Ortschaften und Siedlungen. Die Flurnamen sind ausserdem Teil des Projektes «periodische Nachführung» der amtlichen Vermessung. Damit werden die nachgeführten Namen im Geoinformationssystem Thurgis nach und nach sichtbar, so beispielsweise Namen wie Rotbühl statt Roopel, Thurberg statt Tuurbärg oder Nollen statt Nole, die in der Öffentlichkeit besondere Aufmerksamkeit fanden.

Zweisprachige Wanderkarte.
Für die vergriffene Thurgauer Wanderkarte konnte mit einer Zwischenauflage eine gute Lösung gefunden werden. In dieser erscheinen nebst den noch gültigen Mundartnamen in einer andern Schriftfarbe auch die traditionellen Namen in Schriftsprache. Die neue Wanderkarte kam planmässig im Herbst 2010 heraus und ist eine «zweisprachige» Besonderheit. Bei den Landeskarten wird der Wechsel zu den neuen Namen erst mit einer neuen Auflage sichtbar. Diese ist für die Landeskarten 1:25 000 vom Bund im Jahr 2016 geplant.

Amt für Geoinformation zuständig.
Mit der Inkraftsetzung der Verordnung zum Gesetz über die Geoinformation auf den 1. Januar 2012 ist neu das Amt für Geoinformation zuständig für die Festlegung der geografischen Namen der amtlichen Vermessung. Diese umfasst die Flurnamen, Ortsnamen, Geländenamen, Bodenbedeckung und Einzelobjekte. Die Nomenklaturkommission, die nach neuem Bundesrecht keine Entscheidbefugnis mehr hat, nimmt als kantonale Fachstelle eine Prüfung der Namen vor und kann Empfehlungen an das zuständige Amt für Geoinformation abgeben.

Orts- und Flurnamen, Beilagen. PDF, 2'284 KB.

Orts- und Flurnamen, Schlussbericht. PDF, 123 KB.  [Es handelt sich um den im vorhergehenden Abschnitt dargestellten Schlussbericht der Arbeitsgruppe Orts- und Flurnamen vom 22. Februar 2012.]


Dieser Text vom 8. März 2012 ist identisch mit der bereits am 6. März 2012 erschienenen Information im Magazin auf der Webseite thurgaukultur.ch.

Siehe auch Artikel von Christof Widmer in der Thurgauer Zeitung vom  9. März 2012.

Siehe auch Kommentar des Verfassers dieser Webseite vom  15. März 2012.

Siehe auch Webseite roopel.blogspot.com von Martin Schlatter vom 9. März 2012, 8. März und vom 6. März 2012.

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  44.4 Extreme Mundartschreibweise von Lokalnamen im Kanton Schaffhausen

2002-2003 Erhebung der Flurnamen von Schleitheim (SH). Anschliessend erfolgte die Schreibweise auf Karten in extremer Mundartschreibweise. Weitere Informationen: Analyse der Änderungen, Bericht und Webseite Museum Schleitheim.
3. November 2006 Herbsttagung 2006 der Schweizerischen Gesellschaft für Kartografie. Thema: Zur Schreibweise von Lokalnamen im Kanton Schaffhausen äussert sich Alfred Richli, Mitglied der Flurnamenkommission Kanton Schaffhausen: Die Schaffhauser Flurnamenkommission findet sich mit den neuen Richtlinien bestätigt auf ihrem Weg zur konsequenten Anwendung der überlieferten Mundart. Der Sekretär der Flurnamenkommission des Kantons Schaffhausen, Joseph Thomas Halytskyj,  unterstützt diese Haltung. 
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